Wie Osteoporose entsteht, wie sie sich zeigt und was du für deine Knochengesundheit tun kannst, verrät uns Birgit Barilits im Interview.

Dass Bewegung wichtig ist, muss ich wohl niemandem mehr erzählen. Allerdings glaube ich, dass vielen nicht bewusst ist, dass sie auch unsere Knochengesundheit fördert. Um die soll es diesmal gehen.
Weil auch die Ernährung eine wichtige Rolle dabei spielt, habe ich meine Co-Autorin Birgit Barilits drum gebeten, dir einen Einblick in dieses Thema zu gewähren. Birgit ist Diätologin und Coach für gesunde Langlebigkeit und beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit den verschiedenen Aspekten von Gesundheit. Sie erklärt uns hier, was es mit dem Thema Osteoporose auf sich hat, das so viele Frauen ab 40, aber auch manche Männer plagt.
Knochen sind lebendig und verändern sich
Birgit, zuerst einmal: Ein Knochen ist ja kein totes Material, sondern lebt genauso wie alles andere, das wir in unserem Körper haben. Wie hält sich Knochen am Leben?
Gut, dass du „totes Material“ gesagt hast, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass viele Menschen bei Knochen an eine Art Ziegelstein denken, der halt „nur“ viel Calcium und Vitamin D benötigt, aber das war es dann schon. So ist es absolut nicht.
Unsere Knochen sind lebendes, atmendes Material, eher wie ein Organ, mit einem ganz eigenen Stoffwechsel der sehr dynamisch ist. Da gibt es verschiedene Zellen, wie zum Beispiel die Osteoblasten, die Knochensubstanz aufbauen, Osteoklasten, die Knochensubstanz abbauen und Osteozyten, das sind reife Knochenzellen, die den Hauptanteil der Knochenzellen ausmachen. Der Knochen ist auch von vielen kleinen Blutgefäßen durchzogen, die diese Zellen mit Sauerstoff, Nährstoffen, Hormonen und Wachstumsfaktoren versorgen. Du siehst: Der Knochen will wie jedes andere Organ versorgt werden.
Die wichtigsten Nährstoffe sind Kalzium und weitere Mineralstoffe wie Magnesium, Phosphor, Zink, Vitamin D und auch Kalium sowie hochwertige Aminosäuren aus Proteinen. Der letzte Punkt wundert viele, weil es leider nicht so wirklich transportiert wird in der Ernährungskommunikation, aber der Knochen braucht auch ordentlich Protein.
Zusätzlich sind unsere Knochen besonders von mechanischer Belastung (Zug, Druck, Erschütterung) abhängig, um zu wachsen und stark zu bleiben. Diese Faktoren kommen zum Teil über die Muskeln und Sehnen, die an den Knochen zupfen. Denk nur mal an die Astronaut*innen, die viele Monate im All verbringen. Wenn sie zurückkommen, haben sie trotz striktem Fitnessprogramm Muskelmasse, Knochenmasse und Stabilität abgebaut, weil eben viel von dieser wichtigen Belastung fehlt. Es ist also essentiell, dass wir an einer guten Muskelmasse arbeiten. Und die bekommen wir mit Krafttraining, nicht mit Relax-Yoga und ein bissl Spazierengehen.
Wenn wir zusätzlich noch Knochenterroristen wie Rauchen (Nikotin), chronischen Stress, Alkohol, Sodagetränke etc. vermeiden, dann haut das mit dem lebenden Material gut hin.
Östrogen und auch Testosteron schützen den Knochen
Und das geht so lange gut, bis im weiblichen Körper das Östrogen weniger wird. Wir haben auch in unserem Buch „Raus aus der Hängematte“ darüber geschrieben. Welche Funktion hat dieses Hormon für die Knochen und was passiert dann?
Gut, schauen wir zuerst auf den weiblichen Knochen. Das Östrogen ist bei uns ein Schutzfaktor gegen den Knochenabbau, denn es hemmt die Osteoklasten und unterstützt die Osteoblasten. Es ist immens wichtig für den Aufbau der sogenannten „Peak Bone Mass“, also der maximal erreichbaren Knochendichte so um die 30 Jahre herum. Außerdem reduziert es entzündungsfördernde Botenstoffe und sorgt dafür, dass die Osteozyten lange leben.
Zusammengefasst wirkt Östrogen antikatabolisch (verhindert übermäßigen Abbau), anabolisch (unterstützt den Aufbau) und entzündungshemmend (schützt das Knochenmilieu).
Wenn wir nun weniger Östrogen haben, dann kommt dieses Gleichgewicht von Auf- und Abbau aus der Balance und das Risiko für Osteoporose steigt. Darum ist es besonders wichtig, dass wir in jungen Jahren dafür sorgen, eine ordentliche Peak Bone Mass aufzubauen, indem wir uns bewegen und die Knochenterroristen meiden. Aber auch ab ca. 25 bis 30 Jahre darauf achten, einen gesunden und aktiven Lebensstil zu pflegen, damit wir mit einer guten Knochenmasse in die Menopause gehen. Daher empfehle ich auch dringend, vor der Menopause, also um die 40, 45, einen Status erheben zu lassen, damit man noch leichter gegensteuern kann.
Übrigens bekommen auch Männer Osteoporose, wenn auch weniger häufig als Frauen. Denn auch Testosteron wirkt knochenschützend und wird zu einem kleinen Teil in Östrogen umgewandelt. Und auch Männer pflegen häufig einen knochenschädigenden Lebensstil. Sie haben allerdings meistens den kleinen Vorteil einer von Haus aus höheren Knochen- und Muskelmasse.

Die Rolle der Ernährung bei Osteoporose
Gibt es auch noch andere Gründe, warum man Osteoporose bekommt, außer dem Hormonabbau? Welche Rolle spielt die Ernährung?
Wie gesagt, wir können unsere Knochen schon ordentlich terrorisieren! Mit Rauchen, Alkoholkonsum, chronischem Stress, Bewegungsmangel und Nährstoffmängeln. Die Ernährung spielt tatsächlich eine große Rolle. In der Praxis erlebe ich seit einigen Jahren mit dem Aufschwung von Vegan & Veggie leider viele junge Frauen, die nährstoffmäßig (Proteine, Vitamine, Mineralstoffe) nicht gut versorgt sind.
Abgesehen davon können auch Medikamente dem Knochen schaden. Vor allem Glukokortikoide (Cortison), aber auch Antiepileptika, Krebsmedikamente, die Pille, „Magenschoner“ etc. Auch eine gewisse genetische Vorbelastung ist mitzubedenken. Chronische Krankheiten wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und rheumatische Erkrankungen sind ebenfalls Ursache für den Schaden am Knochen.
All das führt dazu, dass wir wichtige Knochennährstoffe nicht so gut aufnehmen können, und viele Medikamente sind eben geradezu Nährstoffräuber. Sie tun natürlich medizinisch gesehen, was sie sollen, haben aber eben auch Nebenwirkungen.
Die Symptome der Osteoporose sind oft uneindeutig
Woran erkenne ich denn, dass ich Osteoporose bzw. die Vorstufe Osteopenie habe?
Wir haben damals in meiner Ausbildung die typischen Osteoporose-Zeichen gelernt! Schrumpfende Körpergröße, Buckel und Bauch, das „Tannenbaumsyndrom“, also Hautfalten am Rücken durch das Schrumpfen und die Veränderungen der Wirbelsäule, ebenso Frakturen und Spontanfrakturen. Das ist natürlich alles schon wirklich krass.
Woran weniger gedacht wird, sind Schmerzen am Bewegungsapparat, weil das etwas diffuser ist, das kann ja von vielem kommen. Oder dass man eben langsam ein bisschen schrumpft. Und manchmal merkt man auch gar nix und es ist eine Zufallsdiagnose „wenn was passiert“ oder wenn dann mit 65 empfohlen wird, mal eine Messung zu machen. Das ist viel, viel zu spät!
Also spürt und weiß man unter Umständen nicht, dass da Osteoporose oder Osteopenie ist. Daher plädiere ich auch bei meinen Damen so stark auf eine Messung der Knochendichte, insbesondere wenn es gewisse Risikofaktoren gibt.
Letzte Frage: Du hast bestimmt viele Tipps auf Lager, was man tun kann, wenn man schon die Diagnose gestellt bekommen hat. Ich würde mich freuen, wenn du mir bzw. meinen Leserinnen und Lesern einen Ernährungstipp geben kannst. Was wäre das?
Einen??? Das kannst du nicht von mir verlangen! 🙂 Wenn es nur einer ist, dann ist mein Tipp: „Geh zur Expertin oder zum Experten für Ernährung (vorzugsweise eine Diätolog*in) und lass dich beraten.“
Ansonsten: Wenn es für dich ethisch und ökologisch möglich ist, verzichte bitte nicht auf tierische Produkte wie Topfen, Feta, Cottage Cheese, Eier, Fleisch und Fisch. Denn sie enthalten ein ganzes, knochenspezifisches Nährstoffpaket!
Über meine Interviewpartnerin
Hallo, ich bin Birgit Barilits, Diätologin und Lebensstiloptimiererin. Du möchtest frischer, fescher und fitter werden? Dich wohler und selbstbewusster in deinem Körper fühlen? Mit 80 die Weltherrschaft übernehmen? Dann bist du bei mir richtig.
Mehr zu mir und meinem Angebot findest du auf meiner Homepage, und natürlich freue ich mich auch über Besuche auf meinem Blog.
