In meinem Fitness-Center gibt es nicht nur junge, sondern auch viele mittelalte und auch ältere Semester. Seit ich vor fünf Jahren dort zu trainieren begann, sind es langsam, aber stetig mehr geworden. Das ist zumindest mein Eindruck, und der scheint sich mit diversen Trendumfragen zu decken: Die Anzahl der Menschen, die regelmäßig Krafttraining machen, steigt.
Das ist auch gut so. Es ist mittlerweile vielfach bewiesen, dass Sport und Bewegung im Allgemeinen und Krafttraining im Speziellen gesund sind. Gerade wenn man gesund alt werden will, gibt es keinen Weg daran vorbei.
Muskelabbau bereits ab 30
Genau genommen hast du mit Ende 20 deine maximale Muskelmasse erreicht. Von da an geht es langsam, aber stetig bergab – sofern du nicht gegensteuerst und Sport treibst. Wie schnell ein Muskel schwindet, hast du vielleicht schon selbst einmal mit einem Gipsbein erlebt: Wenn nach fünf Wochen der Gips abgenommen wird, ist das Bein dünner geworden als das andere. Nach nur fünf Wochen!
Das bedeutet: Wenn du zeitlebens keinen Sport machst, baust du Jahr für Jahr Muskelmasse ab. Man sagt, dass Menschen bis zu ihrem 80. Lebensjahr bis zu 40 Prozent ihrer Muskelmasse verlieren. Das ist ganz schön viel! So entsteht dann die typische unsportliche Altersfigur: oben kugelrund, unten Beinchen wie Zahnstocher.
Gleichzeitig wird auch das Nervensystem träge. Das hat zur Folge, dass die Ansteuerung deiner Muskeln mit der Zeit weniger gut funktioniert. Auf gut Deutsch: Du wirst ungeschickt. Du kippst leichter um, verlierst das Gleichgewicht, stolperst öfter, stürzt leichter. Wenn dann auch noch deine Knochen mit der Zeit poröser werden, ist der Oberschenkelhalsbruch schneller da, als du denkst, und der Rollator dein ständiger Begleiter. Das sind keine rosigen Aussichten. Sarkopenie nennt sich der Muskelschwund übrigens in der Medizinersprache. Klingt ziemlich morbid, oder? Also ich möchte das nicht haben!
Use it or lose it
Das Tolle: Mit Kraftsport trainierst du nicht nur deine Muskeln und wirkst dem Abbau entgegen. Du hältst auch dein Nervensystem fit und damit die Ansteuerung deiner Muskeln. Und auch die Knochen profitieren. Um fest und stark zu bleiben, brauchen Knochen vor allem Zug- und Druckbewegungen, und die hast du, wenn du mit Hanteln und anderen Kraftgeräten trainierst.
Gerade für Frauen (und auch so manchen Mann) ist Letzteres wichtig gegen Osteoporose. Frauen sind ab der Menopause besonders anfällig auf diese Knochenkrankheit wegen des schwindenden Östrogens. Leider sind es aber gerade die Frauen, die einen großen Bogen ums Krafttraining machen. Sie wollen nicht wir Arnoldine Schwarzenegger ausschauen. Als wäre diese Gefahr auch nur irgendwie gegeben!
Ich kann dir versichern: Dein Körper wirkt mit der Zeit straffer (wo gut trainierte Muskeln sind, hat die Haut darüber etwas zum Anhalten). Aber dicke Muskeln bekommst du als Frau nicht so leicht. Da müsstest du schon regelmäßig spezielle Eiweiß-Präparate nehmen. Ich trainiere jedenfalls seit vielen Jahren zwei bis drei Mal pro Woche und ich kann keine großen Muskelberge an mir entdecken, sondern nur ein paar wohlgeformte Hügelchen.
Nie zu alt für Krafttraining
Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät, um damit anzufangen. Egal, ob du 40 oder 80 bist, du wirst in jedem Alter erfolgreich sein und bald merken, um wie viel besser sich dein Körper anfühlt. Allerdings solltest du
- regelmäßig trainieren. Die WHO empfiehlt 3 Krafttrainingseinheiten pro Woche (zusätzlich zu 150 bis 300 Minuten Sport pro Woche).
- dabei an deine Grenzen gehen. Nicht weit über deine Grenzen, wohlgemerkt. Aber eben auch nicht nur ein bisschen Gewichte schupfen. Es ist wichtig, dass du deine Muskeln ordentlich dabei anstrengst.
- dich vor jedem Training gut aufwärmen, um Verletzungen zu vermeiden. Fünf Minuten Schwunggymnastik reichen (Tante Google hat viele Beispiele dafür).
Fragt sich noch, was du genau trainieren sollst. In erster Linie empfehle ich, dir von einem Trainer oder einer Trainerin einen Plan zusammenstellen und die korrekte Ausführung zeigen zu lassen. Gute Trainer gehen auf deine Ziele und auch körperlichen Besonderheiten ein. Lass dir auch erklären, wofür welche Übungen gut sind, damit du weißt, auf welche Muskelgruppen du dich während des Trainings konzentrieren kannst.
Abwechslungsreiche Übungen
Was mir am Krafttraining Spaß macht, sind die tausend Möglichkeiten. So gesehen ist jedes Fitness-Center eine Spielwiese mit so vielen Spielsachen, dass ich sie alle gar nicht überschauen kann. Von den Maschinen, bei denen du das gewünschte Gewicht einstellen kannst, findest du da über Lang- und Kurzhanteln über Kettlebells, Core Bags, Springschnüre, Battle ropes, Slingtraining, Trampolin, Medizinbälle bis hin zu Gummibänder in allen Stärken und Längen, Gymnastikbälle, Wackelbretter, Hula-Hoop-Reifen, Luftkissen, Ringe, Sprossenwände und noch vieles andere mehr. Lauter Sachen, die deinen Muskeln lieben und dir Abwechslung ins Krafttraining bringen.
Aber du musst natürlich nicht in einem Fitness-Center trainieren. Auch zu Hause kannst du viele Kraftübungen durchführen. Im Grunde kann man alle Muskeln auch ganz ohne Gadgets stählen: mit Planks, Kniebeugen, Liegestütze, Klimmzügen. Und weil gerade im Sport alles einen coolen Namen braucht, nennt man das Bodyweight-Training.
Auch Ausdauersportler brauchen Kraft
Es gibt übrigens keinen Ersatz für Krafttraining. Ich kenne viele Läuferinnen und Radfahrer, die lässig abwinken, wenn ich mit Krafttraining daherkomme. „Ich mache ja schon so viel Sport“, sagen sie. Mit ihrem Ausdauersport machen sie bestimmt nichts falsch, ganz im Gegenteil. Ausdauer ist genauso wichtig. Doch wenn du darüber hinaus auch deine Muskeln trainierst, kannst du 1. Verletzungen vorbeugen und 2. einseitige Belastungen ausgleichen. Ein Beispiel: Läufer haben gut trainierte Beine, keine Frage. Doch mangelt es ihnen ohne Krafttraining an der Rumpfstabilität. Das hat zur Folge, dass sie zB bei jedem Laufschritt in der Hüfte einknicken und das kann auf Dauer zu Schmerzen führen. Profisportler – vom Tennisspieler bis zur Schifahrerin – haben in ihrem Training daher immer auch Einheiten für die Muskelkraft.
Apropos Schifahren: Kürzlich erzählte mir ein Bekannter – um die 70 Jahre alt –, dass er nach 60 Jahren begeistertem Schifahren nun die Bretter an die Wand nagelt. Traurig fand er das. Der Grund: Er könne super Schifahren, aber er fürchte, bei einem Sturz nicht mehr hochzukommen. Er hätte keine Kraft!
(Beitragsbild: pixabay_StockSnap)