Wie lässt sich Gesundheit messen? Woran erkennst du deine Fitness? Laut WHO ist sie eine eher subjektive Einschätzung. Aber ein Ausflug in den Leistungssport gibt Aufschluss.
Lange Zeit dachte ich, die VO2max sei ein Fitness-Maß nur für Leistungssportler. Sie beschreibt die maximale Sauerstoffaufnahme der Muskeln bei maximaler Leistung. Und so erklärt sich auch diese seltsame Abkürzung: V für Volumen, O2 für Oxygen, also Sauerstoff, max für maximale Aufnahme.
Die VO2max ist mir erstmals in meiner Triathlon-Zeit quasi vor die Füße gelaufen. Mein Trainer hatte mehrere Indikatoren im Auge, die er zu verbessern trachtete – die Pace beim Laufen, Schwimmen, Radfahren, die Laktatschwelle … und eben die VO2max als Maß für meine Fitness. Denn je höher die VO2max, desto höher die Leistungsfähigkeit meiner Muskeln.
Ein Maß für deine Herz-Kreislauf-, Lungen-, Muskel- und Nervengesundheit
So wie ich dachten (und denken auch heute noch) viele: Derlei Messungen sind nur etwas für jene, die auf Sportleistung gebürstet sind. Nun hat vor ein paar Jahren jedoch die Forschung aufhorchen lassen: Die VO2max sei, so stellte sie fest, nicht nur ein Maß für die aerobe Fitness (also die Ausdauerfitness). Sie gebe auch Aufschluss darauf, wie gut Herz, Lunge, Blutgefäße, Muskeln und Nervensystem in Schuss sind und wie gut sie in deinem Körper zusammenarbeiten. Im Jahr 2016 hat die American Heart Association sogar in einem offiziellen Statement die Bedeutung dieses Indikators für den Gesundheitszustand unterstrichen und eine Empfehlung ausgesprochen: In den Arztpraxen sollten neben den üblichen Vitalwerten wie Temperatur, Blutdruck und Cholesterin auch die VO2max regelmäßig untersucht werden.
Nun. Ich hatte bei noch keinem Arztbesuch jemals eine solche Untersuchung und ich kenne auch niemanden, der mir davon erzählt hätte. Du etwa? Wäre interessant zu wissen, was Ärzte davon abhält. Bleibt uns nichts anderes übrig, als uns selbst drum zu kümmern. Selbstverantwortung ist etwas, das wir gerade in Sachen Gesundheit unbedingt übernehmen sollten!
Muskeln – deine wichtigsten Gesundmacher
Die VO2max also ist ein Maß für deine Gesundheit und auch für deine Langlebigkeit, wie sich in verschiedenen Studien beweisen ließ. Und sie bezieht sich auf die Funktionalität deiner Muskeln.
Ohne Muskeln kein Alltagsleben
Für die Bewältigung deines Alltags brauchst du Muskeln, und zwar nicht nur, um dem Bus nachzulaufen oder eine Einkaufstasche zu schleppen, sondern auch, um dein Gleichgewicht zu halten. Dieser Umstand wird umso wichtiger, je älter du wirst, weil wir alle ab etwa 30 Jahren Muskeln abbauen Und das nicht zu knapp: bis zu 10 Prozent pro Dekade! So kann es passieren, dass du mit 80 nur noch die Hälfte deiner Muskelmasse zur Verfügung hast – wenn du keinen Sport treibst.
Im Normalbereich bist du, wenn du als 50-jährige Frau einen Muskelmasseanteil von 29 bis 34 Prozent des Körpergewichts hast. Bei 50-jährigen Männern sind das zwischen 39 bis 48 Prozent. Es gibt spezielle Badezimmerwaagen, die das messen können – oder deine Ärztin bzw. dein Arzt.
Je fitter du bist, desto weniger anstrengend dein Alltag
Vom Schnaufen beim Treppensteigen über das Bewältigen von Infektionskrankheiten bis zum Stress im Büro – in sehr vielen Situationen entscheidet dein Fitnesslevel, wie wohl du dich fühlst, wie anstrengend du dein Leben empfindest und wie gut du Belastungen standhalten kannst. Der Unterschied zwischen fitten und unfitten Menschen wird umso deutlicher, je älter sie werden. Wenn du stets auf deine Fitness achtest, hast du eindeutig mehr Energie im Alter. Während die einen mit 60 schon beim Einsteigen ins Auto stöhnen, spielen die fitten Gleichaltrigen mit den Enkeln Fußball im Garten.
Was dein Muskel braucht, um dich fit zu halten
Die Funktionsfähigkeit deiner Muskeln ist entscheidend für deine Fitness. Je besser sie imstande sind, Energie zu erzeugen, desto höher dein Fitness- und auch Gesundheitslevel. Und ein Muskel funktioniert dann gut, wenn er
- ausreichend Muskelzellen hat,
- ausreichend mit den richtigen Nährstoffen versorgt wird,
- genug Sauerstoff zugeführt bekommt und
- viele so genannte Mitochondrien in jeder Muskelzelle hat. Das sind jene Kraftwerke, die die Nährstoffe mithilfe von Sauerstoff in Energie umwandeln.
Wie steigerst du deine Fitness?
Nummer 2 weist eindeutig auf die Wichtigkeit gesunder, ausgewogener Ernährung hin. Infos dazu findest du im Blog meiner Kollegin Birgit Barilits. Den Rest kannst du nur mit Sport und Bewegung beeinflussen. Und deshalb ist die VO2max auch ein so brauchbarer Indikator: Alle vier Punkte bilden sich in ihm ab.
Was kannst du konkret tun? Im Buch, das ich gerade mit Birgit Barilits schreibe (Wie man lange gesund bleibt, damit man das Leben auch im Alter genießen kann, es erscheint Anfang 2025), stelle ich die gesunde Fitness auf drei Säulen:
- Bewegungen im Alltag: Mach es dir unbequem, ist die Devise. Vom Arbeitsplatz, wo nicht alles in Reichweite steht, bis zum Rad statt dem Auto gibt es Gestaltungsmöglichkeiten ohne Ende.
- Ausdauersport: Finde einen Sport, der dir Freude macht. Im Buch wirst du viele Anregungen dazu finden. Oder auch in diesem Blogbeitrag. Wichtig ist zu wissen, dass ein Läufchen pro Woche nicht ausreicht. Die WHO empfiehlt pro Woche 150 bis 300 Minuten moderates oder anstrengendes Training. Und das möglichst verteilt auf mehrere Tage.
- Krafttraining: Nicht zu verwechseln mit dem Kraftsport (wie Gewichtheben). Krafttraining brauchst du aus vielen Gründen, zwei davon sind vielleicht an dieser Stelle am wichtigsten: 1. Es hilft entscheidend mit, deine Fitness zu steigern, zahlt also auf die VO2max ein. 2. Es hilft, dem natürlichen Abbauprozess beim Älterwerden entgegenzuwirken. Mit 90 schwache Muskeln zu haben, lässt deine Lebensfreude schwinden. Mit 90 kräftige Muskeln zu haben, erlaubt dir, dass du auch dann noch all das machen kannst, was dir Freude bereitet.
Smartwatches geben Auskunft
Wie kommst du also zur Messung der VO2max? Zum einen kann das vielleicht deine Smartwatch. Sportuhren in jedem Fall, und ein Oura-Ring ebenfalls. Dein Internist sollte sie mithilfe der sogenannten Spiroergometrie ermitteln. Wenn ein ungefährer Wert dir reicht, lässt sich die VO2max auch manuell mithilfe deines Ruhe- und Maximalpulses sowie deiner durchschnittlichen Wattleistung errechnen. Hier gibt es beispielsweise einen solchen Rechner. Wenn du als 50-jährige Frau zwischen 26 und 32 und als Mann zwischen 33 und 41 liegst, bist du im Durchschnitt.
Die gute Nachricht also: Du kannst alle vier Punkte selbst beeinflussen, ohne ärztlicher Hilfe, ohne Medikamente. Ich sag’s ja immer: Sport ist das beste Medikament, und das gänzlich ohne unerwünschter Nebenwirkungen!