Du bist auf der Suche nach einer entspannten Sportart abseits von schneller, weiter, höher? Du brauchst einen gelenkschonenden Sport? Dann versuche es doch mal mit Slow-Jogging, dem Fitnesstrend aus Japan. Wie das geht, erfährst du hier!

Zurzeit hänge ich ein bisschen gar viel vorm Fernseher herum. Schuld sind die Olympischen Sommerspiele in Paris. Begeistert verfolge ich die Siege und Niederlagen der Athletinnen und Athleten aller Nationen. Ich leide mit, wenn unsere Medaillenhoffnung No. 1 im Schwimmen, Felix Auböck, nur 24. in seiner Paradedisziplin 400 m Kraul wird, weil er einen Infekt ausbrütet. Ich reiße die Arme hoch, wenn Judoka Michaela Polleres Dritte wird. Mich gruselt bei der Vorstellung, wie die Triathleten in die dreckige und in letzter Sekunde für sauber erklärte Seine springen zu müssen.
Sportmotivation pur also, denn diese Sportbegeisterung ist ansteckend. Letzte Woche habe ich es auf sechs Sporteinheiten gebracht, allerdings nur in den mir vertrauten Sportarten Schwimmen, Laufen, Krafttraining, Speedhiking. Beim Anblick dieser vielfältigen Disziplinen liebäugle ich jedoch damit, etwas Neues auszuprobieren. Dieses grandiose Fest des Sports vergibt insgesamt 329 Medaillen in 32 Sportarten. Leichtathletik, Schwimmen, Radfahren, Fechten, Golf, Handball … Wenn da nicht etwas für jeden dabei ist! Falls du also ein paar Ideen für Sport brauchst, schau hier vorbei (siehe unten bei den FAQs). Vielleicht ist ja eine dabei, die du selbst einmal gern versuchen möchtest.
Entspannt Joggen: Rennschnecken voran!
Doch so faszinierend all dieses olympische „schneller, weiter, höher“ ist: Egal, welche Sportart du wählst, die Dimensionen eines Profisportlers wirst du wohl nicht erreichen. Ich jedenfalls bestimmt nicht. Mit 61 Jahren knackt es schon an ein paar Ecken und Enden im Körper. Meine Schwimmpace ist mehr als doppelt so hoch wie die der Weltrekordhalterin. Von meiner Laufpace wollen wir gar nicht erst reden. Ich sage nur: Prädikat Rennschnecke, und das mit Hingabe!
Dass langsames Laufen nicht das Schlechteste ist, beweist eine Lauftechnik, die mir kürzlich über den Weg lief. Slow-Jogging! Klingt doch schon einmal sehr entspannend. Sport ohne Anstrengung, das ist doch was, oder? Da hätten vielleicht sogar du und ich Chancen auf den Weltrekord. 😉
Joggen im „Niko-niko“-Tempo
Erfunden hat die Slow-Jogging-Technik ein Japaner. Prof. Dr. Hiroaki Tanaka hat nach einer gelenkschonenden Laufart geforscht und einen kleinen Fitness-Trend hervorgebracht. Das Ergebnis: Slow-Jogging verbessert bei untrainierten Menschen die aerobe Fitness, Muskelfunktion und die Muskelzusammensetzung. Hier kannst du seine Studienergebnisse nachlesen.
Wie geht das also?
- Beim Slow-Jogging trippelst du sehr langsam mit kleinen Schritten voran. Schrittlänge ist etwa eine Fußlänge. Ich habe dabei das Bild trippelnder Geishas aus alten Filmen vor Augen. Das ist der eine Unterschied zum langsamen Laufen, denn dabei ist die Schrittlänge normal groß.
- Die Schrittfrequenz ist um etwa 10 bpm höher als beim normalen Laufen. Tipp: Hole dir Musik in deine Ohren mit einem Beat von 180 bis 190 bpm.
- Du landest automatisch auf dem Mittelfuß (und nicht auf der Ferse oder dem Vorfuß wie beim normalen Laufen).
- Dein Rücken ist gerade, deine Augen weit nach vorne gerichtet, deine Arme schwingst du wie beim normalen Laufen mit.
Du bist dabei langsam. Sehr langsam. So langsam, dass dich selbst ein durchschnittlicher Fußgänger überholen würde. Beim normalen Gehen hast du eine Geschwindigkeit von etwa 4 bis 5 km/h – Slow-Jogging beginnt bei 3 km/h, das entspricht einer Pace von weit mehr als 10 min/km. Entspannter kann es kaum sein. In diesem Youtube-Video kannst du sehen, wie das in etwa ausschauen soll
Bitte lächeln!
„Niko-niko“ heißt auf Japanisch so viel wie „lächeln“. Das ist ein wichtiges Element beim Slow-Jogging nach Prof. Tanaka. Wie passend für das Land des Lächelns, nicht wahr? Und wie charmant! Langsam laufen mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Gute Idee, wo wir doch wissen, dass ein Lächeln deine Laune hebt, auch wenn dir gerade nicht nach Lächeln ist.

Gelenkschonend und gesund
Beim „Laufen mit einem Lächeln“ hast du einen ähnlichen Energieverbrauch wie beim langsamen Laufen, nur dass deine Gelenke mehr geschont werden. Der Aufprall bei jedem Schritt ist gering, deshalb. Und du bist weniger verletzungsanfällig, was dem Mittelfußlauf geschuldet ist. Wie jede Ausdauersportart reduziert Slow-Jogging Stress. Es regt gleichzeitig dein Herz-Kreislauf-System an und versorgt dein Gehirn mit guten Nährstoffen. Somit hast du auch einen lebensverlängernden Effekt. Slow-Jogging kannst du bestimmt auch noch mit 100 machen.
Für wen ist Slow-Jogging sinnvoll?
- Laufanfänger und -anfängerinnen finden damit einen entspannten Zugang zu regelmäßigem Sport, was hoffentlich auch auf die Freude an Bewegung generell einzahlt.
- Menschen mit Übergewicht haben eine sanfte Möglichkeit, sich etwas Sinnvolles und Gutes zu tun.
- Du hast Gelenksprobleme an Hüfte, Knie oder Sprunggelenk? Go for it!
- Ein bisschen Bewegung für zwischendurch gefällig? Angeblich slowjoggen in Japan die Business-Menschen in der Mittagspause in Anzug und Kleid. Ist ja auch wenig schweißtreibend und so ist man auch danach olfaktorisch bürotauglich.
- Du suchst Abwechslung in deiner Sportroutine? Na dann! Wechsle ab: mal eine schnelle Laufeinheit, mal Nordic Walking – und mal Slow-Jogging. Abwechslung garantiert für mehr Spaß am Sport!
- Hobbysportlerinnen und -sportler finden im Slow-Jog auch eine schöne Möglichkeit für die Regenerationsphase.
Was Slow-Jogging nicht kann
Die geringe Belastung auf deinen Körper hat auch Nachteile. Denn je geringer sie ist, desto geringer auch die Wirkung auf deine Fitness. Dasselbe gilt für den Kalorienverbrauch und die Fettverbrennung. Willst du also eine höhere Wirkung erzielen, musst du entsprechend länger laufen.
Noch ein Punkt: Erschütterungen und eine höhere Muskelaktivität sind zwar Stress für deine Gelenke, aber sie machen deine Knochen stabiler und stärker. Das ist wichtig gegen Osteoporose! Das könntest du jedoch mit einem regelmäßigen und gezielten Krafttraining wettmachen.
Auch hier gilt: Alles ist möglich!
Tanaka hat die Slow-Jogging-Technik übrigens perfektioniert, indem er selbst so gelaufen ist. Er hat auf diese Weise sogar mehrere Marathons bestritten. Offenbar kann man damit also auch mit den normalen Läufern mithalten. Ich stelle mir gerade vor, wie so ein verhutzelter alter Japaner über die Ziellinie trippelt – und während alle anderen erschöpft am Boden liegen, lächelt er glücklich und entspannt.